Praxisnah: So gehen Unternehmen ihre globale Multicloud-Infrastruktur an

Vom Swiss IT Forum 2023 Firesite Chat mit Uwe Pferr, Sr. Solutions Architect EMEA, Digital Realty 

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Herr Pferr, in unserem Gespräch wollen wir heute über Multicloud-Infrastruktur und die Prozesse zu einer erfolgreichen Umsetzung sprechen. Was verstehen Ihre Kunden unter dem Begriff „Multicloud-Infrastruktur“ und herrscht hierzu ein eindeutiges Verständnis?

Uwe Pferr:

Eine Multicloud-Infrastruktur bezieht sich auf die Verwendung von mehreren Cloud-Computing-Plattformen oder -Diensten von verschiedenen Anbietern, um IT-Workloads auszuführen. Im Wesentlichen wird eine Multicloud-Infrastruktur verwendet, um die Flexibilität, Skalierbarkeit und Leistung zu erhöhen, indem sie verschiedene Vorteile verschiedener Cloud-Dienste und -Plattformen nutzt.

Eine Multicloud-Infrastruktur ermöglicht es Unternehmen auch, ihre Abhängigkeit von einem einzigen Cloud-Anbieter zu verringern und ihre Geschäftsziele und Compliance-Anforderungen besser zu erfüllen. Durch die Kombination von Diensten verschiedener Anbieter können Unternehmen auch Kosten sparen, da sie den wirtschaftlichsten Service für jede Anforderung auswählen können.

Jedoch kann eine Multicloud-Infrastruktur auch komplexer zu verwalten und zu sichern sein als eine einzige Cloud-Plattform, weshalb es wichtig ist, die richtigen Tools und Prozesse für das Management und die Überwachung einzusetzen.

Meistens sehe ich in der DACH Region die hauptsächliche Nutzung einer der „grossen“ Cloud-Plattformen wie z.B. Microsoft Azure, Google GCP oder Amazon parallel mit der eigenen „Private-Cloud“ in Verbindung mit SaaS-Diensten wie Microsoft 365, SAP, SalesForce und weitere.

Leider besteht hierzu kein einheitliches Verständnis.

 

Viele Unternehmen haben heute bereits mit der Umstellung ihrer eigenen Infrastruktur hin zu einer globalen Multicloud-Infrastruktur noch nicht begonnen. Zu welchem Zeitpunkt kommen Sie mit Ihren Kunden dazu ins Gespräch?

Uwe Pferr:

Das ist ganz unterschiedlich. Meistens haben unsere Kunden oder Prospects sich bereits mehrere Monate mit dem Prozess der Umstellung beschäftigt und sind zum Entschluss gekommen, dass der erste Schritt zu einer erfolgreichen Migration der eigenen Workloads in die Cloud mit einer zuverlässigen und sicheren Vernetzung zwischen der eigenen Infratruktur und der Infrastruktur des Cloud Betreibers beginnen sollte.

Das kann ich auch selbst bestätigen.

Hierbei werden wir als globaler Betreiber von Rechenzentren eingebunden. Unser Vorteil als Digital Realty ist natürlich, dass viele der grossen Cloud Service Anbieter direkt in unseren Rechenzentren vertreten sind und die Cloud-On-Ramps in unseren Rechenzentren zur Verfügung stehen. Des weiteren können wir unseren Kunden unsere eigene globale Plattform anbieten, womit man sich flexibel und sicher mit unterschiedlichen Clouds verbinden kann.

Zusammengefasst bedeutet das, dass wir nach Verfügbarkeit von Fläche mit möglicher Konnektivität zur Cloud gefragt sind, bevor unsere Kunden die ersten Workloads tatsächlich in die Cloud verlagern.

Natürlich gibt es jedoch auch Anfragen zur Ablösung existierender Infrastruktur welche heute bei unseren Markbegleitern betrieben werden.

 

Sie sprachen von der direkten Anbindung an die Clouds. Wie muss man sich das Vorstellen?

Uwe Pferr:

Wir als Digital Realty bieten hierzu zwei Möglichkeiten an.

Die erste Möglichkeit ist die direkte Vernetzung mittels eigener Glasfaserverbindung zwischen der Infrastruktur unserer Kunden mit der Infrastruktur des Cloud Service Anbieters. Die zweite Möglichkeit ist eine Layer-2 Verbindung über unsere Service Fabric, über die sich unsere Kunden mit einem einzigen Access-Port in Minuten mit mehreren unterschiedlichen Clouds verbinden können.

Beide Varianten haben ihre Vor- und Nachteile, wobei die Vorteile jedoch eindeutig gegenüber Internetbasierten VPN-Anbindungen überwiegen. Den grössten Vorteil sehe ich jedoch in der Performance und der Sicherheit. Beide Varianten umgehen das Internet zur Vernetzung und sind weder überbucht noch durch DDoS-Attacken angreifbar.

 

Lassen Sie uns nochmal über das Thema Prozesse und Herausforderungen sprechen. Wobei sehen Sie die Schwierigkeiten von Unternehmen wenn sie sich mit dem Thema einer globalen Multicloud Strategie beschäftigen und dieses umsetzen wollen?

Uwe Pferr:

Das ist eine komplexe Frage, denn die Herausforderungen sind sehr vielfältig und die Prozesse sowie die Vorbereitungen werden oft unterschätzt.

An dieser Stelle möchte ich auch sagen, dass ich und vieler meiner Kollegen aus anderen Unternehmen bereits mehrere Projekte dieser Art als gescheitert erleben mussten. Die Ursachen des Scheiterns sind ebenfalls sehr unterschiedlich, jedoch meist in der Vorbereitung zu finden und viele Fehler, die zum Scheitern führten, wurden in der Vorbereitung gemacht oder es wurden wesentliche Punkte nicht berücksichtigt.

Einige dieser Projekte verliefen auch ganz problemlos, jedoch wurden in einigen Fällen einige der zuvor gesetzten Ziele nicht erreicht. Stichwort EGRESS-COSTS. Hierbei erlebten Kunden ein unschönes Erwachen, als die ersten Rechnungen der Cloud Service Provider eintrafen und die Kosten erheblich höher waren als zuvor angenommen.

Aber ich möchte auch betonen, dass ich sehr viele sehr erfolgreiche Projekte erleben durfte, bei denen die gesetzten Ziele erreicht oder sogar übertroffen wurden.

 

Können Sie das noch ein wenig weiter konkretisieren oder Beispiele hierzu nennen?

Uwe Pferr:

Ja, das kann ich. Zunächst sollte sich jedes Unternehmen, welches diesen Weg beschreiten möchte, sich zuerst Gedanken und Prüfungen hinsichtlich „Cloud Readyness“ ihrer Applications, Endgeräte und ihres eigenen Netzwerks anstellen.

Als weiteren Punkt möchte ich das Thema der Kosten ansprechen. Diese verlagern sich definitiv und es entstehen Kosten an Stellen, die man evtl. vorher nicht betrachtet hat. Ich hatte das Thema der EGRESS COSTS ja bereits angesprochen.

Ausserdem sollte man seine Ziele auch ganz klar definieren und detailliert beschreiben, wie man diese erreichen möchte.

An dieser Stelle sei auch ganz klar gesagt, dass für den Kunden nicht nur eine Kostenersparnis im Vordergrund stehen sollte, sondern vielmehr die Themen Verfügbarkeit, Flexibilität, Datensicherheit, Global Reach und Performance die gröxxeren Rollen spielen sollten.

Was würden Sie Ihren Neukunden und gegebenenfalls Bestandskunden empfehlen, damit eine sichere und wirtschaftlich sinnvolle Einführung der globalen Vernetzung und Endkundenanbindung in Verbindung mit cloudbasierten Lösungen gelingt?

Uwe Pferr:

Massgeblich ist ein Gelingen dadurch geprägt, dass die Vorbereitung allumfassend und schriftlich erfolgt und durch erfahrene Dienstleister abgenommen ist. Damit meine ich ein belastbares Cloud-Konzept. Hierbei können wir als Rechenzentrumsprovider natürlich unterstützen.

Ebenfalls sollten sich Unternehmen gleich von Beginn an für flexible Lösungen entscheiden, welches wir mit unserer Service Fabric Infrastruktur unterstützen. Dadurch können Kunden skallieren.

Das Thema der eigenen Belegschaft und deren Cloud-Know-How sollte auch nicht vergessen werden. Hierbei muss das jeweilige Unternehmen sicherstellen, das ausreichend technisches Know How im Umgang mit den Cloud Operationen und den angegliederten Prozessen wie Backup, Monitoring, Spiegelung usw. auch beherrscht werden. Hat man dieses Know-How nicht im eigenen Unternehmen empfehle ich die Einbindung eines erfahrenen Managed Service Providers, der diese Themen 24x7 abdecken kann.

An dieser Stelle sei auch nochmal das Thema der TCO Kalkulation angesprochen.

Ausserdem empfehle ich natürlich jedem die frühzeitige Einbindung eines Solutions Architects und die Kommunikation mit einem Colocation Anbieter.

 

Ich möchte nochmal auf Ihre Service Fabric Plattform zurückkommen, mit der sich Ihre Kunden mit unterschiedlichen Cloud Service Provider verbinden können. Ist es möglich, diese Plattform auch für die Vernetzung von mehreren Standorten untereinander zu nutzen?

Uwe Pferr:

Hierzu kann ich ein eindeutigen „JA“ aussprechen. Mittels Service Fabric erreichen wir Stand Heute über 450 Rechenzentren weltweit und können unseren Kunden damit eine Vielzahl von Verbindungen auf Basis von Layer-2 zur Verfügung stellen.