« Wir können Fehler vor dem ersten Spatenstich identifizieren und beheben. »

15. Februar 2023
Quelle: Netzwoche vom 15. Februar 2023 / Joël Orizet

VR-Anwendungen sind weit mehr als nur Spielerei. Sie eröffnen auch neue Möglichkeiten zur Zusammenarbeit. Wie das für die Bauplanung eines Rechenzentrums funktioniert, welche Vorteile das bringt und was es alles dafür braucht, erklärt Denis Marusic, Director Operations, Digital Realty Schweiz.

 

Digital Realty Schweiz war konzernweit die erste Ländergesellschaft, die für die Planung eines Rechenzentrums den Einsatz von VR-Brillen erprobte. Macht das Beispiel Schule? 

Denis Marusic: Mit unseren Mitarbeitern hatten wir eine grosse Nutzerbasis, die sich in das System einklinken und nach Fehlern und Optimierungen suchen konnte. Wir evaluieren derzeit, wie die Vorteile unserer VR-Umgebung auch auf andere Länder ausgeweitet werden können. Die Gruppe hat die Bewilligung erteilt, dass wir mit dem Konzept weiterfahren. Unser nächstes Rechenzentrum werden wir ebenfalls mit VR-Umgebung und einem erweiterten internationalen Team planen.
 

Wo sehen Sie die wichtigsten Vorteile der Bauplanung in VR?

Denis Marusic: Wir können offensichtliche Fehler, die sich erst im laufenden Betrieb zeigen würden, bereits vor dem ersten Spatenstich identifizieren und beheben. Ein Beispiel sind Revisionsschalter, die in einer Höhe angebracht sind, dass man für ihre Betätigung eine Leiter braucht. Wir haben die Möglichkeit, technische Abläufe zu simulieren, indem wir durch ein detailgetreues 3-D-Modell des zukünftigen Rechenzentrums gehen und prüfen, ob es auf den Routen irgendwelche Risiken gibt. Ein weiterer Vorteil ist, dass sich mit zunehmenden Kundenanfragen und immer kürzeren Bauzeiten alle technischen Teams vorab mit dem Gebäude und den Räumen vertraut machen können. Ich selbst habe mich beim ersten Besuch von ZUR3 sofort zurechtgefunden – trotz der gewaltigen Dimensionen.

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« Wir haben die Möglich­keit, technische Abläufe zu simulieren, indem wir durch ein detailgetreues 3-D-Modell des zukünfti­gen Rechenzentrums ge­hen und prüfen, ob es auf den Routen irgendwelche Risiken gibt. »
 

Denis Marusic, Director Operations, Digital Realty Schweiz

Was waren die Herausforderungen des Projekts? 

Denis Marusic: Die Grundlagen zu schaffen, sprich richtige Partner zu finden, die solche Lösungen bereits anbieten und alle beteiligten Planer zusammenzubringen, um das Modell gemeinsam zu konsolidieren und regelmässig upzudaten. 

 

Teilweise arbeiteten über 30 Personen gleichzeitig an einem 3-D-Bauplan. Das klingt rechenintensiv. Was sind die technischen Voraussetzungen, um so eine virtuelle Arbeitsumgebung störungsfrei zu betreiben?

Denis Marusic: Die gesamte Rechenleistung befindet sich in der Cloud. Die VR-Brille stellt nur die Informationen desjenigen Bereichs dar, in dem sich der Nutzer befindet. Einzelne Teilnehmer werden als Avatare dargestellt, die an «Mensch ärgere Dich nicht»-Figuren erinnern. Es besteht die Möglichkeit, über das 3-D-Modell zu kommunizieren und gewisse Personen auszublenden. Ein Nutzer kann andere Nutzer auch an seinen Standort «beamen», um offene Fragen gemeinsam zu besprechen. Kommentare sind für alle Nutzer im 3-D-Modell sichtbar – Probleme werden also nicht mehrfach dokumentiert. Man kann auch einzelne Ebenen ausblenden, um sich nur das gesamte Rohrnetz anzuschauen, was bei der Fehlersuche sehr hilfreich ist.

 

Gab es Probleme mit Motion Sickness – eine Form von Übelkeit, verursacht durch die Zeitverzögerung zwischen physischer Bewegung und ihrer Umsetzung in der virtuellen Welt? Und wenn ja, wie sind Sie damit umgegangen?

Denis Marusic: Es gibt Nutzer, die die VR-Brillen nicht richtig vertragen. Auch ich bekam manchmal Kopfschmerzen. Nachdem ich das Gummiband durch ein gepolstertes Gestell ersetzt hatte, wurde es aber deutlich besser. Manche Kollegen schwören auf Pfefferminzkaugummis und andere sind notgedrungen auf eine 2-D-Bildschirmversion des Modells umgestiegen

 

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Das Interview mit Denis Marusic und der zugehörige Artikel «Optimale Bauplanung von ZUR3 mit modernster Virtual-Realty-Software» wurden in der Netzwoche vom 15. Februar 2023 publiziert.