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Kranksein war gestern – mit digitaler Medizin in eine gesunde Zukunft

Vortrag von Dr. Gerd Wirtz zum Thema Gesundheit im Rahmen des Frankfurter Symposiums für Digitale Infrastruktur 2023

Am 13. Frankfurter Symposium für Digitale Infrastruktur, das unter dem Motto „Digitalisierung – Wir sind gefragt. Die neue Verantwortung in der grenzenlosen Verbundenheit“ stand, sprach Dr. Gerd Wirtz darüber, welche Möglichkeiten digitale Medizin bietet und wie sich das Verständnis von Gesundheit dabei wandeln kann.

Für Wirtz sieht der ideale Arztbesuch im Jahr 2040 so aus: In der Praxis begrüßen Roboter den Patienten, dessen erster Gang nicht ins Wartezimmer führt– Wartezimmer gibt es nicht mehr – sondern zu einem Body-Scanner, der wichtige biometrische Daten aufnimmt. Im Arztzimmer angekommen sind diese und weitere Daten verfügbar und Ärztin oder Arzt durch keinerlei administrative Arbeiten abgelenkt. Die Dokumentation der Sprechstunde erfolgt automatisch. Wichtige Werte werden auch außerhalb der Praxis bei Bedarf per Sensor rund um die Uhr überwacht. Prophylaxe ist ein sehr viel wichtigerer Teil als heute im deutschen Gesundheitssystem, weshalb viele Krankheiten frühzeitig erkannt und behandelt oder vielleicht sogar vermieden werden können. „Das alles“, so Wirtz, „ist keine Vision. Es ist nicht einmal innovativ. Das gibt es bereits in San Francisco in der Forward-Klinik und die hat 2016 eröffnet.“

Der Mensch könne rund 40 Jahre länger leben als bisher, glaubt Wirtz. Das zeige das Beispiel einer im Alter von 124 Jahren gegen Corona geimpften Frau. Tatsächlich sterben in Deutschland Männer durchschnittlich mit 79 Jahren, Frauen mit 81 bis 82. Schuld daran sei ein veraltetes Gesundheitssystem. Allein die Verzögerung der Einführung der E-Patientenakte, die bereits 2002 unter Gesundheitsministerin Ulla Schmidt beschlossen wurde, sei mitverantwortlich für den frühzeitigen Tod von 50.000 Menschen in Deutschland pro Jahr, die an vermeidbaren Wechselwirkungen von Medikamenten sterben: „Das ist der Preis, den wir dafür bezahlen, dass wir optimalen Datenschutz und optimale Technologie bei der E-Patientenakte haben wollen – seit über 20 Jahren.“

 

Von der experimentellen hin zur Datendisziplin

Für Wirtz durchläuft die Medizin gerade einen grundlegenden Wandel: von einer experimentellen Disziplin hin zu einer Datendisziplin. „Inzwischen können wir die meisten Krankheiten allein durch die Kenntnis von Daten erkennen und behandeln. Unser Körper und unser Verhalten produzieren eine Menge Daten, und die Frage ist, wie wir mit diesen Daten umgehen.“ Glaube man dem Rektor der Universität Stanford, Marc Tessier-Lavigne, sei der Innovationssprung in den letzten zehn Jahren genauso hoch wie der in den 100 Jahren zuvor. Das sei noch langsam. Künftig würden wir solche Sprünge alle sechs Monate erleben.

Das werde die Pharmabranche grundlegend verändern. „Unser Körper – genauer gesagt, der Körper jedes Einzelnen von uns – wird in wenigen Jahren komplett analysierbar sein“, sagt Wirtz. „Wir können bereits jetzt unsere gesamten Gene und alle Proteine, die in uns vorkommen, analysieren. Wir können auch das Mikrobiom jedes Einzelnen, das aus den Kleinstlebewesen besteht, die auf und in uns leben und für unser Leben entscheidend sind, analysieren. Mit dieser Analyse können wir den individuellen Bauplan jedes Menschen nutzen, um viel individuellere Therapien zu entwickeln.“

 

Präziser als der Mensch – und stärker

Ähnlich revolutionäres Potenzial sieht Wirtz im Einsatz von Robotern. Diese können teils schon heute präziser arbeiten als Menschen. „Da Vinci ist inzwischen der Goldstandard in der Prostataoperation. Gerade bei Prostatakrebs ist es sehr wichtig, mikrometergenau zu schneiden, um schwerwiegende Nebenwirkungen wie Impotenz und Inkontinenz zu vermeiden. Das kann kein Mensch so gut wie ein Roboter.“ Auch in der Pflege sieht er Roboter, die beispielsweise beim Umbetten schwerer Patienten wichtige Unterstützung leisten können.

Die Angst, dass Roboter Menschen überflüssig machen können, ist laut Wirtz nicht neu: „Bereits 1961, als Ford den ersten Industrieroboter entwickelte, dachten einige Menschen, dass dies zu Rezession und Armut führen würde. Das Gegenteil war jedoch der Fall. Durch die Automatisierung konnten viele Haushaltsartikel preiswert hergestellt werden, was letztendlich zu unserem heutigen Wohlstand führte.“

Die Revolution der Medizin durch digitale Möglichkeiten bringt es laut Wirtz mit sich, dass Patienten Ärzten künftig auf Augenhöhe begegnen – und gleichzeitig mehr Verantwortung für ihre eigene Gesundheit übernehmen können und sollen. Das medizinische Wissen verdoppele sich alle 72 Tage, kein Arzt sei in der Lage, mit diesem Wissen mitzuhalten. Wirtz‘ Appel: „Bilden Sie eine Allianz zwischen Künstlicher Intelligenz und dem Arzt. Entscheidend dabei sind Ihre persönlichen Gesundheitsdaten. Sie gehören Ihnen. Nutzen und sammeln Sie sie.“

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