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Werte als Fundament des digitalen Zeitalters. Ethische Herausforderungen und Chancen für eine zukunftsfähige Gesellschaft

Vortrag von Tim Cortinovis zum Thema Gesellschaft im Rahmen des Frankfurter Symposiums für Digitale Infrastruktur 2023

Am 13. Frankfurter Symposium für Digitale Infrastruktur, das unter dem Motto „Digitalisierung – Wir sind gefragt. Die neue Verantwortung in der grenzenlosen Verbundenheit“ stand, sprach Tim Cortinovis darüber, welche Auswirkungen exponentielles Wachstum für die Menschheit hat und wie sie damit umzugehen lernen kann. 

Eine sich ihren Weg bahnende Klimakatastrophe, eine gerade überwundene Pandemie, Inflation, Krieg in der Ukraine, der Digital Divide der Gesellschaft: Cortinovis zufolge erzeugen die vielen gleichzeitig stattfindenden Krisen sowie deren mediale Aufbereitung und Rezeption den Eindruck der Gleichwertigkeit. „Diese Krisen sehen alle relativ gleich aus und das ist ein Problem.“ Denn während schon bei den genannten Krisen deutliche Unterschiede in ihren Auswirkungen bestehen – so sei die Klimakatastrophe deutlich gewichtiger als Inflation oder selbst ein Krieg – gebe es eine Entwicklung, die alles andere überlagert: exponentielles Wachstum. 

In den ersten Jahrhunderten seit Erfindung des Buchdrucks sei die Entwicklung relativ gleichförmig verlaufen. Dann habe sie sich durch Innovationen wie Telefon, Radio, Fernseher, Transistor und Internet beschleunigt, doch die nun anstehende Beschleunigung könne sich niemand so recht vorstellen. Cortinovis verwendet das Beispiel eines Blatts Papier, das theoretisch immer wieder gefaltet wird und dessen Dicke sich mit jedem Mal falten verdoppelt. Nach 35-mal sei es schon dicker als die Entfernung zum Mond, nach 104-mal sei es 93 Milliarden Lichtjahre dick – mehr als die Größe des sichtbaren Universums. 

 

Technische Ursache, umfassende Folgen 

Die Ursache mag technologisch sein, die Folgen sind laut Cortinovis umfassend: „Wir haben eine exponentielle technologische Entwicklung, der wir kaum hinterherkommen. Die Konsequenzen davon sind weltweit eine ziemlich starke Zuspitzung von politischen Lagern. Wir sehen die Wahlergebnisse in Italien, in Israel, in Spanien und in Deutschland, auch Auseinandersetzungen, wir erinnern uns an die Wahl von Trump vor ein paar Jahren in den USA. Das hat natürlich nicht zuletzt damit zu tun, dass starke Ängste entstehen durch diese für uns kaum noch nachvollziehbare Entwicklung.“ 

Es gebe Versuche, die Entwicklung zu bremsen. Cortinovis nennt den vom Future for Life Institute initiierten offenen Brief, in dem zu einem Moratorium in der KI-Forschung aufgerufen wird. Deren Wirkung hält er für symbolisch: „Es ist utopisch zu sagen, wir lassen das Ganze jetzt sechs Monate ruhen, denn daran würden sich sicher nicht alle halten. Dazu kommt, dass Elon Musk, der zu den Unterzeichnern zählt, sein eigenes KI-Modell am Start hat.“  

 

Werte führen auf den guten Weg 

Mit der rasanten Entwicklung seien Cortinovis zufolge auch politische Entscheidungsträger überfordert. Der dreihundertseitige Bericht des Ethikrates der Bundesregierung „Mensch und Maschine - Herausforderungen durch künstliche Intelligenz“ enthalte viele spannende Einblicke. Allerdings habe eine der Mitwirkenden in einem Interview eingeräumt, von der Entwicklung, besonders von ChatGPT, überrascht worden zu sein. „Selbst Expertinnen und Experten sind kaum in der Lage, alles zu überblicken, was aktuell passiert“, so Cortinovis.  

Dabei mangele es nicht an Beispielen, wie die Digitalisierung die Lebensqualität verbessern könne. Cortinovis nennt als Beispiel die Adaption von Mobiltelefonen in Kenia, wo der Aufbau einer Festnetztelefonie oder einer Filialinfrastruktur übersprungen wurde und Bezahl- und Bankingsysteme direkt auf dem Handy schnell massenhafte Verbreitung fanden. Oder eine entfernte Region in Indien ohne niedergelassene Ärzte, in der Patientinnen und Patienten computergestützt behandelt werden. Auch das Liefern von Blutkonserven mit Hilfe von Drohnen in Ruanda zählt er zu den Anwendungen, in denen künftig immer mehr KI stecken werde. „Es gibt viele Chancen, die mit der Entwicklung von KI einhergehen“, so Cortinovis. 

Cortivonis glaubt nicht, dass es einen Weg gibt, „um uns alle persönlich davor zu bewahren, Dinge nicht zu sehen oder einfach nicht wahrzunehmen oder getäuscht zu werden und vielleicht sogar emotional abhängig zu werden.“ Aber er hat die Hoffnung, dass KI sinnvoll genutzt werden kann. „Dabei kommt es auf Werte an wie Gleichheit, Toleranz, Individualismus, Diversität, Rechtsstaatlichkeit und Freiheit. Wenn wir genau diese Werte hochhalten, sind wir auf einem guten Weg.“ 

 

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